Aufstieg zum Wildalpjoch

Touren-Highlight am Sudelfeld

Während der bekannte Wendelstein (1838 m) an Wochenenden (bedingt durch die Seil- und Zahnradbahn) von tausenden Touristen belagert wird, finden Bergwanderer und clevere Tibet Terrier auf den diversen Nachbargipfeln der Gebirgsgruppe deutlich mehr Ruhe. Gemeinsam mit Pe-Ma hatte ich mich diesmal für das Wildalpjoch (1720 m) entschieden.

Der Startpunkt am Unteren Sudelfeld liegt unmittelbar an der Straße zwischen Bayrischzell und dem Tatzelwurm. Da wir an diesem Tag den Parkplatz etwas verspätet mit dem Jeep erreichten, war bereits eine deutliche Vormittags-Hitze spürbar - Pe-Ma konnte jedoch großflächige Schneefelder in etwa 1500 m Höhe erspähen und nahm daher sofort Tempo auf. Durch offenes Gelände (praktisch ohne Schatten) erreichten wir auf einem ansteigenden Pfad nach einer halben Stunde den Weg zur oberen Lacher Alm und folgten diesem. In einer Kurve war ein alter Lawinenrest zu übersteigen und wir passierten einige Felsbrocken (zum Teil in der Größe eines Kühlschranks), die in den vergangenen Wochen durch die Schneeschmelze auf den Weg gestürzt waren. Am Ende der schmalen Almstraße präsentierte sich uns tatsächlich eine fast geschlossene Schneedecke und mein Tibetan führte vergnügt seine typischen Drehbewegungen auf den glitzernden Eiskristallen aus.

Wir entschieden uns die markierte und beschilderte Aufstiegsroute zu verlassen und bogen rechter Hand in ein Waldstück ein - den hier verlaufenden Querungspfad kannten wir noch vom letzten Jahr. Durch den knietiefen Schnee und fehlende Spuren gestaltete sich die Orientierung aber überraschend schwierig und so mussten wir auf das GPS-Gerät und den Spürsinn der Hündin vertrauen. Nach einiger Zeit erreichten wir jedoch den offenen Süd-Ost-Hang des Berges und konnten hier deutlich sichtbaren Steigspuren folgen. Über uns türmten sich bereits die kleinen Felswände der Käserwand (1690 m) auf. Pe-Ma nutzte nun in den Pausen den Schatten kleinerer Bergkiefern. Ein einzelner Steinschlag (ausgelöst durch den abtauenden Schnee am Gipfel) führte zu einer Schrecksekunde ohne weitere Folgen. Schliesslich gelangte die bergauf stürmende Hündin mit 5 min Vorsprung auf den breiten Kamm zwischen der Käserwand und dem Wildalpjoch, wo das senkrecht stehende Gestein einigen Schatten bot.

Wir wendeten uns nach links und erstiegen in 10 min das letzte Schneefeld. Pe-Ma inspizierte augenblicklich das Gipfelkreuz des Wildalpjochs und prüfte die 5-6 Bergwanderer, die auf dem Normalweg aufgestiegen waren. Wir setzten uns und betrachteten die eindrucksvolle Bergkulisse - neben den Tiefblicken zum Inntal bei Brannenburg dominiert hier die Ansicht des nahen Kaisergebirges und der Hochsalwand (1624 m). Eindrucksvoll ist natürlich auch der Blick hinüber zum Wendelstein, auf dem das Observatorium der Universitätssternwarte München bestens erkennbar ist.

Wir packten - zum Erstaunen der anderen Bergsteiger - unseren ultraleichten Gaskocher aus und erhitzen blitzschnell etwas Wasser, um eine Nudelsuppe herstellen zu können - Pe-Ma verspeiste derweil zufrieden eine Portion Hundefutter mit hohem Flüssigkeitsanteil. Nach ein paar Fotos und Videoaufnahmen begannen wir schließlich mit dem Abstieg. Den harmlosen Sturz eines fremden Bergwanderers kommentierte die erschrockene Apso-Hündin mit lautem Bellen, um ihn deutlich auf seinen Fehltritt hinzuweisen: "Hey! Wenn ein Tibetan im Gebirge ist, hat jegliches Gepoltere zu unterbleiben!". Die Passage des Waldstücks unterhalb des Wildalpjochs gestaltete sich erneut schwierig, da wir einige Abschnitte im Schnee rücksteigen mussten - letztlich fanden wir aber zurück zur Straße bei der Lacher Alm und konnten zügig ins Tal laufen.

Touren-Daten

Das Wildalpjoch kann bei trockenen Verhältnissen auf dem Normalweg von allen Bergwanderern erreicht werden, die über normale Kondition und Trittsicherheit verfügen. Für erfahrene Hunde gibt es keine ungewöhnlichen Schwierigkeiten. Relevant sind für die Vierbeiner jedoch die offene Südlage mit starker Sonneneinstrahlung, Wassermangel und wenig Schatten. Der Gipfelaufbau der benachbarten Käserwand ist felsig (schwieriger zu ersteigen) und zeigt am Kreuz potentielles Absturzgelände.

Tobias Sessler